Volkspartei, quo vadis?
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Kurz-Machtergreifung hat potentiell negative Auswirkungen auf die gesamte Innenpolitik
Nach dem Erdbeben innerhalb der ÖVP steht auch Österreichs Innenpolitik vor vielen Fragen, welche sogar bis in die Landespolitik greifen. Mit der Obmannschaft von Sebastian Kurz werden die demokratischen Strukturen der Volkspartei weitgehend ausgehebelt. Zukünftig wird über die inhaltliche Ausrichtung und die Bundesliste für die Nationalratswahlen nur noch Sebastian Kurz entscheiden. Selbst bei den Listen für Landtagswahlen erhält der Obmann das Recht, bei ungewünschten Kandidat_innen sein Veto einzulegen. „Die ÖVP-Landeshauptleute sind jetzt zu politischen Eunuchen geworden. Im besten Fall sind sie Bittsteller, die um die Gunst des Fürsten Kurz bangen müssen“, kommentiert der Salzburger SPÖ-Chef Walter Steidl die Entwicklung der vergangenen Tage.
Wer regiert Salzburg?
„Obwohl Sebastian Kurz in keinem Zusammenhang mit Salzburg steht, könnte er, wenn er das will, ohne politisches Mandat die Politik im Bundesland Salzburg sehr stark beeinflussen, sobald er die statutarischen Befugnisse dafür erhalten hat. Wenn Haslauer nicht tut, was Kurz will, hat er zukünftig die Möglichkeit, diesen dafür zu sanktionieren“, gibt der Salzburger SPÖ-Landesgeschäftsführer Hannes Mathes zu bedenken und meint: „Sowohl, was die Struktur der Liste Kurz, als auch ihre Inhalte angeht, haben wir es möglicherweise seit Sonntag mit einer vollkommen neuen Partei zu tun. Es verwundert schon, dass von Victor Orban Gratulationen kommen, aber von Angela Merkel nicht.“
10 Projekte müssen umgesetzt werden
Für Walter Steidl geht es vor allem darum, dass trotz ÖVP-Interna und Neuwahlen die inhaltliche Bundespolitik nicht zu kurz kommt: „Der Bundeskanzler hat heute klar kommuniziert, dass vor den Neuwahlen noch zehn bereits verhandelte Projekte umgesetzt werden müssen. Nur weil sich die ÖVP, oder wie immer wir diese Partei nun nennen wollen, dem Diktat von Kurz unterworfen hat, dürfen wir nicht zulassen, dass wichtige Dinge wie Bildungsreform, das Integrationsjahr, die Aktion 20.000 oder die Abschaffung der kalten Progression einfach fallen gelassen werden.“
Kurz-Clique hat Wahlkampf von langer Hand geplant
„Vielleicht ist einigen der Rücktritt von Reinhold Mitterlehner zu früh gekommen, aber die Auflösung der Koalition wurde von der Kurz-Clique von langer Hand geplant. Es kann kein Zufall sein, dass die Website von Sebastian Kurz von einem Tag zum anderen zur Wahlkampfseite umgestaltet wurde, bei der man nun sogar Geld spenden kann“, ergänzt Mathes. Wie Steidl ist auch er davon überzeugt, dass die verbleibenden Monate vor den Neuwahlen für inhaltliche Arbeit genützt werden müssen.