Die Gemeindepolitik braucht weniger Nudelaugen und dafür mehr Frauen
„Wenn ich Frauen frage, ob sie auf meiner Liste antreten wollen, erhalte ich oft die Antwort, dass ich besser ihren Mann fragen soll. Den will ich aber in vielen Fällen gar nicht, weil der ist manchmal ein Nudlaug. Ich sage das zwar dann nicht, aber ich denke es mir.“ So schilderte die SPÖ-Bürgermeisterin von Lend-Embach Michaela Höfelsauer bei einer Veranstaltung der SPÖ Frauen am Mittwoch in der Academy Bar ihre Erfahrung damit, wenn es darum geht, andere Frauen zum politischen Engagement zu motivieren. Gemeinsam mit der SPÖ Bundesfrauenvorsitzenden Gabi Heinisch-Hosek, der SPÖ-Klubvorsitzenden in der Stadt Salzburg Andrea Brandner und der ehemaligen Landtagsabgeordneten Niki Solarz, die in den Salzburger Gemeinderat wechselt, diskutierte sie über das Thema ‚Frauen in der Kommunalpolitik‘. Außerdem wurden die 14 SPÖ-Spitzenkandidatinnen für die Gemeindewahlen am 10. März, von denen elf auch für das Bürgermeisteramt kandidieren, vorgestellt.
Frauen sind in der Kommunalpolitik unterrepräsentiert und bleiben es auch nach dem 10. März
114 Bürgermeistern stehen fünf Bürgermeisterinnen gegenüber. Der Anteil an Ortschefinnen ist mit 4,2 Prozent im Bundesland Salzburg sogar noch beschämender als in den anderen Bundesländern. Österreichweit sind 7,6 Prozent der Bürgermeister_innen Frauen. Immerhin sind bei den kommenden Bürgermeisterdirektwahlen knapp 15 Prozent der SPÖ-Kandidat_innen weiblich. Zirka ein Drittel aller SPÖ-Listenplätze wird von Frauen besetzt. Dass es sehr wohl möglich ist, Frauen für die Gemeindepolitik zu motivieren, zeigen mit der SPÖ in der Stadt Salzburg, Neumarkt oder Grödig ausgerechnet Beispiele, in denen Männer als Bürgermeister kandidieren. In Neumarkt und Grödig etwa wurde das Reißverschlusssystem, die abwechselnde Reihung zwischen Frauen und Männern auf der Liste, strikt eingehalten, bei der SPÖ in der Landeshauptstadt unter den ersten Listenplätzen mit Anja Hagenauer auf Platz 2 und Andrea Brandner auf Platz 3 zugunsten von Frauen durchbrochen.
Gemischte Teams funktionieren besser
„Bei uns in der Stadt-SPÖ ist ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Frauen und Männern längst eine Selbstverständlichkeit“, äußerte sich Brandner und erklärte, warum sie Quoten dennoch für wichtig hält: „Für Frauen ist es in unserer Gesellschaft immer noch eine stärkere Überwindung, aus dem Schatten hervorzutreten und öffentlich für eine Sache einzutreten.“ Ein Punkt, bei dem auch Solarz ihrer künftigen Klubvorsitzenden Recht gab: „Während Männer so sozialisiert sind, dass sie sich alles zutrauen, zweifeln Frauen meist am Anfang. Irgendwann habe ich für mich entschieden, Herausforderungen anzunehmen.“
Im Zusammenhang mit Quoten nannte Brandner außerdem ein weiteres Argument, das klar für ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis spricht: „Aus meiner persönlichen Erfahrung weiß ich einfach, dass gemischte Teams besser funktionieren.“
Nicht so anders und doch ganz anders
„Frauen und Männer sind gar nicht so anders und verhalten sich doch oft ganz anders“, umriss die wortgewandte Michaela Höfelsauer ihre Einschätzung. Sie selbst fühlt sich als Frau in ihrer Rolle als Bürgermeisterin zwar nicht benachteiligt, ist aber doch davon überzeugt, dass sie es als Mann oft einfacher gehabt hätte. „Als ich frisch in der Gemeindevertretung war, habe ich mir oft gedacht: ‚Es ist so fad. Ein Mann wiederholt das, was drei andere schon gesagt haben, weil sich jeder selbst gerne beim Reden zuhört‘.“ Unabhängig davon arbeitet sie mit Männern und Frauen gleich gut zusammen. „Das Geschlecht war eigentlich noch nie der Grund dafür, ob etwas zu einer guten Lösung kommt oder nicht“, so die die Bürgermeisterin von Lend-Embach.
Politikerinnen als Vorbild für andere Frauen
Alle Teilnehmerinnen am Podium waren sich einig, dass sie als Politikerinnen eine Vorbildfunktion einnehmen. „Frauen sind nicht frech, wenn sie sich zu Wort melden. Sie nehmen sich nur ihren Platz“, so Brandner. Und auch, wenn Frauen rechtlich formal nicht mehr diskriminiert werden, sind sie häufig besonders negativ von Gesetzen und politischen Entscheidungen betroffen. „Der 12-Stundentag trifft alleinerziehende Frauen noch härter“, nannte Solarz ein Beispiel. Und gerade weil auf Gemeindeebene von der Kinderbetreuung bis hin zum Pflegebereich viele Entscheidungen getroffen werden, die Frauen besonders betreffen, betonte Höfelsauer, wie wichtig es ist, dass sich Frauen in der Gemeindepolitik engagieren. Im Fall Gabi Heinisch-Hosek hat diese Entscheidung sogar in den Nationalrat geführt. Begonnen hatte ihre erfolgreiche politische Karriere in der Gemeindepolitik im niederösterreichischen Guntramsdorf.
Jedes Thema ist ein Frauenthema
Sehr glücklich über das rege Interesse an der Podiumsdiskussion zeigte sich die Landesfrauenvorsitzende der SPÖ Frauen Karin Dollinger. Im Zusammenhang mit der Gemeindepolitik ist es ihr persönlich ein großes Anliegen, Frauen auch für Themen zu begeistern, die nicht dem weiblichen Klischee entsprechen. „Leider nehmen auch politisch aktive Frauen sehr oft Themen in Angriff, die traditionell mit ihnen in Verbindung gebracht werden. Gerade in Planungs- und Bauausschüssen fehlen noch in vielen Gemeinden weibliche Mitglieder. Nur wer auch aus der Perspektive von Frauen plant und baut , investiert geschlechtergerecht und zukunftsträchtig“, so Dollinger, die selbst vier Jahre lang als Gemeinderätin in der Stadt Salzburg beiden Gremien angehörte.